Internationaler Tag des Folteropfers

26. Juni 2006

Bundesregierung hat in Fällen Kurnaz und Zammar gegen das absolute Folterverbot verstoßen

Die Befragungen des Bremers Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantánamo und des Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar in einem Gefängnis in Damaskus haben gegen das absolute Folterverbot verstoßen – auch wenn die deutschen Beamten, die die Befragungen durchführten, nicht selbst gefoltert haben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Positions- und Forderungspapier, das das FORUM MENSCHENRECHTE zum Internationalen Tag der UNO zur Unterstützung der Opfer von Folter am 26. Juni veröffentlicht. „Diese Befragungen waren menschenrechtswidrig; Informationen zur Gefahrenabwehr dürfen nicht durch Verletzung des absoluten Folterverbots gewonnen werden“, sagte Julia Duchrow, Völkerrechtsexpertin des FORUM MENSCHENRECHTE. „Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“

Deutsche BeamtInnen sind auch im Ausland an den grundgesetzlichen Schutz der Menschenwürde und das völkerrechtliche absolute Folterverbot gebunden. Sie waren also in den genannten Fällen dazu verpflichtet, die Menschenwürde der Befragten vor Angriffen durch einen anderen Staat zu schützen. Keinesfalls hätten sie deren Situation für ihre Befragungen ausnutzen dürfen. Sie haben daher die Menschenrechte der Betroffenen verletzt. Eine Rechtfertigung aufgrund der Terrorismusbekämpfung scheidet aus, denn der Schutz der Menschenwürde ist absolut.

Anders als der Bundesminister des Innern und die Bundeskanzlerin es fordern, dürfen Informationen auch zur Gefahrenabwehr nicht verwendet werden, wenn es einen stichhaltigen Verdacht gibt, dass die Informationen durch Folter erlangt wurden. Die UN-Antifolterkonvention verpflichtet alle Staaten, Verletzungen des Folterverbots aktiv zu ächten. Staaten, die gegen das Folterverbot verstoßen, dürfen weder Hilfe noch Anerkennung für diesen Verstoß erhalten. „Die Richtlinien für Geheimdienstmitarbeiter müssen hier eindeutig formuliert sein“, sagte Duchrow. „Die bisherigen Vorfälle zeigen auch, dass die Tätigkeit deutscher Geheimdienste besser kontrolliert werden muss.“

Das FORUM MENSCHENRECHTE fordert die Bundesregierung auf, endlich ihre Rolle bei der Entführung des Deutschen Khaled El-Masri in Mazedonien aufzuklären. Masri gehört zu den mehreren hundert Menschen, die seit 2001 im „Kampf gegen den Terror“ von US-amerikanischen Diensten entführt und in geheime Haftzentren geflogen worden sind, wo sie oft misshandelt oder gefoltert wurden. Tausende Flüge wurden über Europa abgewickelt. Europäische Staaten unterstützten die Flüge auf unterschiedlichste Weise; damit trifft sie eine Mitverantwortung für die Entführungen. Sie sind verpflichtet, jetzt Aufklärung über die Vorgänge zu leisten und in Zukunft solche Flüge zu unterbinden. Die europäischen Regierungen müssen die Untersuchungen auf europäischer Ebene unterstützen. „Die Bundesregierung muss mit dem parlamentarischen Untersuchsausschuss zur BND-Affäre umfassend kooperieren“, sagte Julia Duchrow. „Flüge von Privatflugzeugen, die im Verdacht stehen, für die Zwecke ausländischer Geheimdienste eingesetzt zu werden, müssen besser kontrolliert werden.“

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